16. Dezember 2017

Wo wohnt das Christkind?

„Mami wo wohnt das Christkind?“

„Das Christkind? Àää... ich weiß nicht, ich denke überall.“

Zweifelnd schaute Sereina ihre Mutter an. Das ist nun mal wieder so eine typische Erwachsenenantwort. ‚Überall!’ Kein Mensch lebt überall, so was unlogisches.  

„Ich gehe noch ein wenig raus.“

„Bleib aber nicht zu lange.“

Auf dem Hof war niemand. Vielleicht fand sie in der Stadt jemand der wusste, wo das Christkind wohnte.

Vor dem Manor stand eine Tafel, *heute besucht uns das Christkind* 

Sereina konnte nicht lesen, aber sie hörte wie ein Mädchen es laut vorlas. Das war die Gelegenheit, jetzt konnte sie das Christkind selber fragen wo sein Zuhause sei. 

In der Spielzeugabteilung stand ein weißes Sofa in der Form einer Wolke, darauf saß eine schöne Frau mit blonden Haaren und einem Kleid wie die Mami auf dem Hochzeitsfoto.  Viele Kinder waren schon dort und das Christkind verteilte kleine Heftchen. Sereinas Mut war plötzlich verschwunden, sie getraute sich keinen Pips zu sagen. Schweigend nahm sie das Heftchen entgegen. 

Das Christkind lächelte.

„Da hat es wunderschöne Spielsachen drin, die du dir auf Weihnachten wünschen kannst.“

Neugierig blätterte Sereina das Heft durch. Komisch überall stand hinter dem Spielzeug ein Preis. Sereinas Mama nahm den Preis immer weg, bevor sie etwas verschenkte. In dran zu lassen sei unhöflich. Ein Christkind ohne Manieren! Jetzt war sich Sereina sicher, dieses Christkind war nicht echt.

Auf dem Heimweg kam sie an der St. Martinskirche vorbei. Natürlich, das Christkind wohnt doch in der Kirche.  Leise schlüpfte sie hinein. Überall brannten Kerzen, ihr Licht flackerte im Luftzug, ließen die Bilder fast lebendig erscheinen. Laut halten ihre Schritte, ein seltsamer Geruch stach in die Nase,  fluchtartig verließ sie das Gebäude. Nie und nimmer wohnte hier das Christkind.

Vor dem Wohnblock stand die alte Frau vom zweiten Stock, die Sereina immer ein ‚Zückerli’ zusteckte. 

„Guten Tag Donna Nesa, weißt du wo das Christkind wohnt?“

„Oh ja, das Christkind wohnt in jedem von uns, in unseren Herzen.“ Donna Nesa streichelte ihr über den Kopf und lächelte sie an. 

Sereina stapfte die Treppe hinauf und dachte bei sich:

„Donna Nesa ist schon alt, manchmal redet sie wirres Zeug.“

Inzwischen war sie überzeugt, das Christkind hat kein Zuhause.  In ihrem Zimmer räumte sie eine Ecke auf, legte viele Kissen hinein, verziert sie mit Engelshaar und bunten Glaskugeln. An Weihnachten wollte sie wach bleiben, wenn das Christkind die Geschenke bringt darf  es für immer bei ihr bleiben. Dann hatte es endlich ein Zuhause und alle Kinder werden wissen, wo das Christkind wohnt.