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12. Dezember 2018

Schneelandschaft

 

 

 

Vor Weihnachten

 

Die Kindlein sitzen im Zimmer,

Weihnachten  ist nicht mehr weit,

bei traulichem Lampenschimmer

und jubeln:"Es schneit, es schneit!"

 

Das leichte Flockengewimmel,

es schwebt durch die dämmernde Nacht

herunter vom hohen Himmel

vorüber am Fenster so sacht.

 

Und wo ein Flöckchen im Tanze

an den Scheiben orüberschweift,

da flimmert's in silbernem Glanze,

vom Lichte der Lampe bestreift.

 

Die Kindlein sehn's mit Frohlocken,

sie drängen ans Fenster sich dicht,

sie verfolgen die silbernen Flocken,

die Mutter lächelt und spricht:

 

"Wisst, Kinder, die Engelein schneidern

im Himmel jetzt früh und spät,

an Puppenbettchen und Kleidern

wird auf Weihnachten genäht.

 

Da fällt von Säckchen und Röckchen

manch silberner Flitter beseit,

von Bettchen manch Federflöckchen;

auf Erden sagt man: Es schneit. 

 

Und seid ihr lieb und vernünftig,

ist manches für euch auch bestellt;

wer weiß, was Schönes euch künftig

vom Tische der Engelein fällt."

 

Die Mutter spricht's; vor Entzücken

den Kleinen das Herze da lacht;

sie träumen mit seligen Blicke

hinaus in die zaubrische Nacht.

 

Julius Gersdorff  1849 - 1907